Bleckeder Fleckengedicht um 1900 (Plattdeutsch)

Durch Zufall ist mir ein wunderschönes altes Bleckeder Fleckengedicht aus der Zeit um

in die Finger gekommen. Es nennt die Hausbewohner der linken Seite der Breiten Straße (ungerade Hausnummern). Soweit ich es herausbekommen konnte, stammt es aus der Feder von Frau Käthe Hagemann, geb. Napp.

Bi Müller un Lembke fangt de

an,
Niemann is`n klauken Mann,
Eggers hätt den Säbel anne Siet,
Ehling wahnt inne Twiet,
Haase mit de roden Hoar,
Wolter flicht se em sogoar,
Isaack mit de Kalberoogen,
Fratscher verköfft de Kaffebohnen,
Schäfer is en Ackersmann,
Elkan de wahnt nebenan,

malt in grön un geel,
Schütte mookt de Slötel vael,
Bi Balk da wahnt de Rosenbrod,
Bäcker Fröhling de backt dat Brot,
Pust de pust de Deel henlang,
Wallmann sleit de Pinkepang,
Fratscher de Wi Wi, de makt so veel Pi Pi,
Napp de backt de Zuckerhunnen,
Scherer is e`n gauden Kunnen,
Brandmann is Babutz,
Heuer mit de Aal,
Sleit Finger an de Kael,
De Aftheiker dreiht de Pillen,
De Börgermeister kiekt dörch de Brillen!

Ich hoffe, Ihr könnt Euch auf diesem wunderbaren zeitgeschichtlichen Abriß orientieren und wünsche viel Spaß!

Gruß,
THW Kiel

Eigentlich sollte das Gedicht recht problemlos zu übersetzen sein. Man muß sich nur die linke Seite der Häuser in der Breiten Straße (also die mit den ungeraden Zahlen) suchen und beim ersten im

belegenen Haus beginnen. Dieses ist das Haus

Nr. 9 (heutige Eigentümer bzw. Bewohner Familie Jatzkowski). Das davor belgenene Haus, das um

der Familie Steinfeldt gehörte, war das damals

Nummer 1 (heute

7). Man kann es sich auch noch erklären, in dem man den Verlauf des ehemaligen Grabens zu erforschen versucht. Dieser trennte den

früher von den anderen Bleckeder Urgemeinden ab.

Alle anderen erwähnten Häuser erklären sich daraus, wenn man so vorgeht und einfach weiter die

entlang geht. Allerdings ist der Satz "De Aftheiker dreiht de Pillen" der einzige, der auch heute noch unverändert übernommen werden könnte. Der unmittelbar davor stehende Satz "Sleit Finger an de Kael" bezieht sich auf das Finger`sche Haus,

, welches die höchste Hausnummer der Breiten Straße hat. Der letzte Satz "De Börgermeister kiekt dörch de Brillen!" bezieht sich auf Bürgermeister Heinrich Oberg, der zwischen

und

Bürgermmeister von

war. Nach ihm ist übrigens auch die "

" benannt.

Ich hoffe, daß diese Erläuterungen etwas mehr Licht in die Sache bringen.

Gruß,
THW Kiel

@ Grubert: Ich hatte die Anmerkung zur Apotheke anders gemeint - als einzigen Orientierungspunkt, der im Hinblick auf die "Übersetzung" des Gedichtes heute noch genau so wie vor ca. 100 Jahren besteht.

Gruß,
THW Kiel